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:: 31.12.02 :: Drei Sachen in der Physik aus 2002, auf die man getrost hätte verzichten können: Weiß plus schwarz gleich bunt? Das strahlende Weiß in der modernen Malerei ist Titanweiß, das ist fein verteiltes Titandioxid. Auf der anderen Seite: Silber. Fein verteilt ist es schwarz. In Schwarweiß-Photos bestehen die schwarzen Flächen aus Silberkörnchen. Nun haben japanische Wissenschaftler entdeckt, daß winzige Silberkörnchen in ganz dünnen Titandioxid-Filmen bei Bestrahlung mit rotem Licht rot werden - und bleiben (!), bei blauem Licht blau werden, bei grünem grün ... Mit UV-Licht wird die Schicht wieder braun, und man kann sie wieder neu einfärben. Verstehen tun es die Forscher noch nicht, aber Anwendungen, wie zum Beispiel elektronisches Papier, liegen auf der Hand. (Nature Materials 2 (2002) 29) ... Etwas ernstes: Wissenschaft ist eine tolle Sache, und es macht viel Spaß zu sehen, was es neues gibt und selber Entdeckungen zu machen. Manche Dinge die aus der Wissenschaft kommen können einen das aber verleiden: Ob wirklich wahr oder bloß ein großer Bluff - Das Klonen von Menschen ist etwas, das ungeheure Auswirkungen auf das Selbstverständnis des Menschen hat. Jeder direkt oder indirekt beteiligte Forscher muß sich deshalb ständig Fragen, ob er der großen Verantwortung, die er trägt, gerecht wird. Genauso in der militärische Forschung: Mir wird übel, wenn ich dran denke, daß intelligente, fähige Physiker an Dingen wie Strahlenwaffen forschen. ... In der Tat. Die top ten der (noch zu lösenden) Geheimnisse des Universums sind etwas für mich. Spannend finde ich natürlich besonders 1 und 8. (Schockwellenreiter) ... Die - meiner Meinung nach - drei wichtigsten Entwicklungen in der Physik des Jahres 2002: ... Auch heute hat ein berühmter Physiker Geburtstag: James Prescott Joule (24.12.1818 - 11.10.1889). Bekannt ist er vor allem durch die Energieeinheit, die seinen Namen trägt. Er hat im Bereich des Magnetismus und der Wärmelehre aber viele wichtige Entdeckungen und Beobachtungen gemacht: die Magnetostriktion, den sogenannten Joule-Thomson Effekt, die Wärmeentstehung im stromdurchflossenen Draht und natürlich die Bestimmung des mechanischen Wärmeäquivalents. ... Mit Aal-Augen ein Mikroskop bauen? Wer auf diese merkwürdige Idee kam, steht auf der Seite des Mikoskop-Museums. (kellerkind bogenallee 11) ... Obwohl die einzelne Transistoren immer kleiner werden, kommen doch wieder Zweifel auf, ob die Steigerung der Integrationsdichte in Computerchips so weiter gehen kann wie bisher (Mooresches Gesetz). L. B. Kish von der Texas A & M University sieht eine im thermischen Rauschen. Na, mal abwarten, die Vorhersage ist: in 6-8 Jahren geht es nicht mehr weiter. (Phys. Lett. A 305 (2002) 144) ... Neues vom Urknall: die übrig gebliebene Mikrowellen-Hintergrundstrahlung ist polarisiert. Dass sie anisotrop ist wusste man schon. Die Messungen passen auch sehr gut zum Standard-Modell des Urknalls. (Nature 420 (2002) 763, Nature 420 (2002) 772) ... In eigener Sache: Endlich habe ich es geschafft, RSS-Feed zu ermöglichen: ... Altlasten in der Physik. Hier sind eine ganze Reihe von Mißverständnissen und mißverständlichen Begriffen aus der Physik gesammelt. Ein Muß für Besserwisser. ... Chemische Reaktionen live mitverfolgen? Mit dem Rastertunnelmikroskop geht das. Jetzt ist es Klaus Kern und Mitarbeitern am Max-Planck Institut für Festkörperforschung in Stuttgart gelungen, die Bildung eines Metall-Komplexes auf einer Kupferoberfläche direkt zu sehen. Vier 1,3,5-Benzoltricarbonsäure-Moleküle (tma) fangen ein herumwanderndes (diffundierendes) Atom ein bilden zusammen ein Kleeblatt, den Cu(tma)4-Komplex. Hier noch ein Film der Reaktion. (Angew. Chemie 114 (2002) 4973, J. Am. Chem. Soc. 124 (2002) 14000) ... Heute haben eine Reihe von Physikern Geburtstag: ... Die meist-zitierten deutschen Physiker ... Bei ganz tiefen Temperaturen passieren merkwürdige Dinge. Eins davon ist die Bose-Einstein Kondensation. Hier erstmal eine sehr nette Seite mit schönen einfachen Erklärungen und hier eine Theorieseite. Das neue ist, dass nun die Bose-Einstein Kondensation mit Cäsium gelungen ist.(T. Weber et al., Science, im Druck). ... Die Planetenforschung interessiert ja viele. Das sieht man zum Beispiel am Spiegel, der regelmäßig über Planeten berichtet. Trotzdem steht es mit der Planetenforschung in Deutschland nicht gut. Eine Zustandsbeschreibung findet sich hier. ... Heute wäre Antoine Henri Becquerel 150 Jahre alt geworden (15.12.1852-25.8.1908). 1896 entdeckte er die natürliche Radioaktivität und erhielt dafür 1903 zusammen mit Marie und Pierre Curie den Nobelpreis für Physik. Nach ihm wurde die Einheit der radioaktiven Aktivität benannt (1 Becquerel = 1 Zerfall pro Sekunde). ... Ein elektrischer Widerstand "null" heisst meistens: Supraleitung. Es geht aber auch anders, zum Beispiel beim Quanten-Hall-Effekt. In einer Halbleiter-Heterostruktur aus GaAs und AlGaAs haben nun Forscher u.a. aus Stuttgart einen komischen Effekt gefunden: einen verschwindenden Widerstand bei Bestrahlung mit Mikrowellenstrahlung in einem kleinen Magnetfeld. Die Erklärung steht noch aus. (Nature 429 (2002) 636) ... Physikalische Grenzen der Prozessorgeschwindigkeit? Hier bzw. hier ist eine sehr ausführliche Seite dazu. In deutsch noch ein Artikel aus Spektrum der Wissenschaft. ... Morgen wollen Astronomen aus ganz Europa ihr ehrgeiziges Projekt für eine extrem großes Spiegelteleskop beim Meeting der Royal Astonomical Society in London vorstellen. Es soll 30 Meter vielleicht sogar 100 Meter im Durchmesser haben! ... Diamanten in Rohöl? Na, nicht ganz, aber einige wenige Kohlenstoffatome, die die Kristallstruktur von Diamant haben und mit Wasserstoffen am Rand des Kriställchens versehen sind, sind im Rohöl vorhanden. Die kleinsten solcher Moleküle (sogenannte Adamanten) hat man schon früher in Rohöl gefunden. Jetzt hat man aber in Öl aus dem Golf von Mexiko größere Diamandoide (Polymantane) gefunden. (J. E. Dahl et al., Science, im Druck) ... Wenn ein Körper schnell durch ein Gas oder durch eine Flüssigleit bewegt wird, ist die Reibungskraft proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit (und zum cw-Wert des Körpers, Newton-Reibung). Nun sind aber die meisten Körper nicht starr, d.h. sie verformen sich wenn die Reibungskraft größer wird. Damit ändert sich aber die Reibungskraft... Diese verwickelte Problem haben nun Mathematiker und Physiker von der New Yorck University zum Teil gelöst. Sie haben herausgefunden, daß die Art der Verformung einer Glasfaser in einer Strömung sich nicht ändert, nur die Stärke der Verformung ändert sich. (Nature 429 (2002) 479) ... Der nächste Stern, nach der Sonne, ist ja schon ziemlich weit weg - 4,22 Lichtjahre. Daher war es bisher nicht möglich seinen Durchmesser direkt zu bestimmen. Durch Interferometrie ist das nun gelungen: Proxima Centauri ist nur anderthalb mal so groß wie Jupiter (aber 150 mal schwerer). (D. Ségransan et al., Astronomy and Astrophysics, im Druck) ... Den kleinsten Transitor der Welt haben jetzt Forscher bei IBM in New Yorck gebaut. Er ist nur 6 nm lang (1 nm = 1 millionstel mm) und besteht aus Silizium. Zwei Siliziumatome sind in den Siliziumkristallen aber schon 0.235 nm entfernt, das sind also nur 25 solcher Atomabstände! ... Etwas in eigener Sache: Die Physikalischen Kleinigkeiten sind nun W3C-validiert. ... Die Neutrinos oszillieren auch auf der Erde: ... Heute hat Joseph Louis Gay-Lussac (6.12.1778-9.5.1850) Geburtstag. Bekannt ist er natürlich durch "sein" Gesetz, allerdings hat er noch viele weitere wichtige Sachen entdeckt. ... Da wird in Deutschland lang und breit diskutiert, wie man die Physiker besser auf das Berufsleben in der Industrie vorbereiten kann. Als eine häufige Antwort findet man: Verkürzung des Studiums und Einführung 'amerikanischer' Abschlüsse (Bachelor of Science). Und in Amerika? Dort stellt man sich die Frage: Warum werden die (amerikanischen) Physikstudenten so schlecht auf die Arbeit in der Industrie vorbereitet. Ken Hass vom Ford Research Laboratory gibt hier einige Antworten. ... Bei Desy in Hamburg steht einer der wenigen Freien-Elektronen-Laser der Welt (FEL im TESLA). Dieser Laser kann extrem helle (kohärente) Pulse aus Röntgenstrahlung erzeugen. Nun konnte das erste Experiment damit gemacht werden: Röntgenpulse wurde auf Cluster (Klumpen) aus Xenon-Atomen geschossen. Folge: Der Cluster explodiert. Naja, interessant für die Physiker ist natürlich, wie der Cluster sich bei diesem Prozeß aufheizt, bis er explodiert. (Nature 420 (2002) 482) ... Ein sich selbst stimmendes Klavier hat ein Klavier spielender Ingenieur aus Kansas City, Missouri entwickelt. Jede Saite wird durch eine kleine Spule zum Schwingen angeregt und diese Schwingung mit einer andereren Spule aufgenommen (wie bei der Gitarre). Dann wird durch Aufheizen der Saiten die Spannung (netter link aus "Jugend forscht") reduziert und die Saite so gestimmt. Das Klavier verbraucht dann aber, um gestimmt zu bleiben, 500- 600 W elektrische Leistung. ... Bundesministerin Bulmahn verteidigt Null-Runde in der Forschungsförderung für Forschungsorganisationen, dafür muss die Forschungsförderung im Osten ausgebaut werden - Aha. Die Max-Planck-Gesellschaft (die heftig im Osten fördert) wettert dagegen. Wüste Forschung? Der Präsident der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz (viele Institute im Osten) Hans-Olaf Henkel meckert. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft sieht schwarz. ... Langsam entdeckt man ja immer mehr extrasolare Planeten. Nun kann man sie auch schon genauer wiegen. Das Hubbel-Space-Telescope konnte jetzt vom Planeten Gliese 876b die Masse bestimmen: 1.89 - 2.4 Jupitermassen. Zum ersten mal konnte dabei das Hin- und Herwackeln des Stern, verursacht durch den Planeten, direkt zur Massenbestimmung ausgenutzt werden. (Astrophysical J. Lett. 581(2002)) ... Mein Physiklehrer in der Schule sagte immer: Alle Konstanten sind variabel. Wie wahr. Gleitende Kopplungskonstanten (d.h. veränderliche Stärke der Grundkräfte) sind in der Theorie der Elementarteilchen schon lange diskutiert worden. Nun gibt es seit kurzem deutliche Hinweise, dass tatsächlich die Kopplungskonstante der elektromagnetischen Wechselwirkung (hier die sogenannte Feinstrukturkonstante) von sehr weit entfernten, d.h. sehr alten Sternsystemen (Quasare) kleiner ist, als die man im Labor auf der Erde misst. Daraus folgt aber, dass entweder die Lichtgeschwindigkeit oder die Elementarladung oder die Plancksche Konstante variabel ist. Das wird hier bzw. hier diskutiert. Und hier sogar in einem Vortrag von Dr.Victor Flambaum von der University New South Wales. ... Ist zwar Mathematik aber (doch) hübsch: Lauter berühmte Kurven. Besonders gefällt mir die Muschel-Kurve von Dürer (schon richtig gelesen: Albrecht Dürer). ...
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© Peter |